1. Messkopf für γ-Strahlung 2. Sensoren für weitere Umweltgrößen 3. Messdatensammler 4. Messrechner 5. Hilfsgeräte 6. Datenausgabe 7. Messdaten-Auswertung zurück nach oben

Messanlagen

Auf dieser etwas umfangreicheren Seite soll ein kurzer Eindruck von der Dynamik der technischen Projektentwicklung in der Arbeitsgemeinschaft Umgebungsüberwachung für den Zeitraum der Entwicklung in Garching (später in München) gegeben werden. Um sachfremde Leser nicht von vornherein von jeder Verständnismöglichkeit auszuschließen, kommen wir zu jeder einzelnen Erläuterung immer wieder auf die bereits gezeigte Grundstruktur einer allgemeinen Messanlage zur Umgebungsüberwachung zurück. Diese Grafik dient gleichzeitig zur Navigation auf dieser Seite.


1. Messkopf für γ-Strahlung

Der Strahlungsmesskopf ist offensichtlich der grundlegendste Teil jeder Messanlage zur Umgebungsüberwachung. Warum sein Ansprechvermögen auf den ausschließlichen Nachweis der Photonenstrahlung zu beschränken ist, wurde bereits im Abschnitt Die Idee erläutert.

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: der Messkopf für Gamma-Strahlung

1. Die ersten in der Arbeitsgemeinschaft verwendeten Messköpfe enthielten i.d.R. nur ein einfaches, kleines Geiger-Müller-Zählrohr (Type ZP1320, Hersteller: Philips/VALVO). Diese Detektoren ergeben eine Zählrate von nur etwa 320 Imp/h bei 100 nSv/h (dem typischen ungefähren γ-Anteil der natürlichen Umgebungsstrahlung in Deutschland).
Dieses kleine Zählrohr ZP1320 wird heute noch routinemäßig von mindestens einer in Deutschland neu entstandenen Messgruppe (12.2016) in Form der Zählrohrtype FHZ76V (Hersteller: Frieseke & Höpfner) benutzt. (Das FHZ76V besteht aus dem ZP1320 in einer Blechumhüllung.)

Neben dem ZP1320 kamen in der Anfangszeit der Arbeitsgemeinschaft in kleinerer Stückzahl auch andere Zählrohrtypen zum Einsatz, so z.B. das etwas größere Endfensterzählrohr ZP1431 (Hersteller: Philips/VALVO).

Das Problem bei der Verwendung kleiner, preiswerter Detektoren ist immer, dass ihr Ansprechvermögen (= ihre Ansprechempfindlichkeit) ebenfalls klein ist. Je kleiner jedoch die Zählrate oder Zählsumme im Messintervall ist, um so mehr gehen kleine Zählratenerhöhungen (etwa von radioaktiven Emissionen aus einer Atomanlage, wie sie empfindlich nachgewiesen werden sollten) in den unvermeidlichen statistischen Schwankungen von Messergebnis zu Messergebnis (bzw. der Zählsumme von Messintervall zu Messintervall) unter.

Hierzu ein kleiner Exkurs in die Nachweisstatistik:
Die statistische Streuung von einem Zählergebnis zu jedem anderen Zählergebnis (bei exakt gleicher Bestrahlungsintensität des Detektors!) ist ein grundlegendes Merkmal, in dem

ihren Ausdruck finden. Die aus den beiden Zufälligkeiten resultierende statistische Streuung von Zählsumme zu Zählsumme um einen Mittelwert  N  herum ist also unvermeidbar. Für höhere Zählsummen je Messintervall (ab ca. 100, noch besser ab ca. 200 gezählten Ereignissen) nähert sich die anzuwendende, für alle Zählsummen exakte Poisson-Statistik an die mathematisch leichter handhabbare Gaussche Statistik an. Diese erlaubt es, die mittlere Steubreite der (bei Gauss-Statistik symmetrischen) Zählratenverteilung in der Histogramm-Darstellung mit Hilfe der einfachen (empirischen) Standardabweichung  s  abzuschätzen, die für diese Fälle einfach gleich der Wurzel aus der mittleren Zählsumme  N  ist.

Histogramm-Darstellung aus einer Folge von um einen Mittelwert N herum streuenden Zählsummen

Die Streuung  s  wächst also durchaus mit  N ; die für die Unterscheidbarkeit echter Erhöhungen der Umgebungsstrahlung von der statistischen Streuung wichtige  Relative Streuung  s/N  wird jedoch immer kleiner mit größerem  N :

  Zählsumme  N    Streuung  s    Relative Streuung  s/N  
20014,140,0707
40020,000,0500
100031,620,0316
200044,720,0022
400063,250,0158
10000100,000,0100
20000141,420,0071
40000200,000,0050

Wie aus der Tabelle anschaulich klar wird, verbessert (verkleinert) sich die für die Nachweismöglichkeit wichtige  Relative Streuung  s/N   mit der Wurzel aus der Erhöhung der Zählsumme  N :
Eine Erhöhung der Zählsumme  N  auf das Hundertfache verkleinert die relative Streuung  s/N  auf ein Zehntel. Die Erkennbarkeit echter Zählratenerhöhungen gegenüber den unvermeidbaren Abweichungen durch die statistische Streuung wird damit um eben diesen Faktor zehn verbessert.

Hohe Zählsummen im Messzeitintervall (= hohe Zählraten = Messköpfe mit hoher Ansprechempfindlichkeit) sind für die Umgebungsüberwachung also essentiell und durch nichts zu ersetzen!

Des weiteren ist von einer Datennachbearbeitung, z.B. durch nachträgliche Anwendung numerischer Glättungsverfahren, unbedingt abzusehen! Durch eine solche nämlich

  1. würde der sich mit etwas Übung einstellende, intuitive Eindruck des Betrachters bzgl. Ansprechvermögen, normaler statistischer Streuung, und Aussagekraft der Zeitreihendarstellung verunmöglicht werden
  2. würden auch evtl. vorhandene, echte, nachzuweisende Zählratenerhöhungen mit weggeglättet. Damit würde genau das unkenntlich gemacht werden, wofür der ganze Messaufwand eigentlich getrieben wird!

2. Nach kurzer Einsatzzeit wurden insbesondere die Messköpfe mit dem kleineren der beiden Zählrohre (ZP1320) in Antikoinzidenz mit einem darunterliegenden größerflächigen Detektor (Mini-Monitor der Firma gentron, Frankfurt) geschaltet. In einer solchen Antikoinzidenz-Schaltung ist es möglich, die vom Hauptzählrohr (ZP1320) erzeugten Impulse zu unterscheiden, je nachdem ob sie hervorgerufen wurden von

Da als Ziel der Nachweis von erhöhter Umgebungsstrahlung im Vordergrund stand, bestand die Hoffnung, mit der Senkung des Grundanteils  N  um die Intensität aus der kosmischen Höhenstrahlung, kleinere Erhöhungen der Umgebungsstrahlung nachweisen zu können.

Diese Hoffnung erwies sich jedoch als trügerisch.
Die erhobenen Messdaten zeigten keine verbesserte Nachweisbarkeit kleiner Erhöhungen der Strahlung aus der Umgebung, und sie konnten es auch nicht, wie eine (leider erst zehn Jahre später vorgenommene) theoretische Abschätzung dann auch klar bewies. Zudem neigten die untergebauten "Mini-Monitore" schon bald zu Ausfallerscheinungen, obwohl der Hersteller für ihre Detektoren Lebensdauern von mehr als 30.000 Stunden angegeben hatte.

3. Ebenfalls erfolglos verliefen Versuche, die auf den Detektor (ZP1320) aus dem Boden eintreffende Strahlung durch eine untergelegte, massive Stahl- oder Bleiplatte abzuschirmen, um also den konstanten Grundanteil der im Erdreich entstehenden Strahlung damit zu senken, und so kleinere Erhöhungen aus einer umgebenden radioaktiv befrachteten Wolke besser nachweisen zu können.
Nach einiger Erprobungszeit zeigte sich auch hier die Untauglichkeit dieses Ansatzes. Auch diese Maßnahme kann (nach derselben o.g. theoretischen Abschätzung, die eben leider dafür erst viel zu spät durchgeführt wurde) nicht erfolgreich sein. Zusätzlich hat man hier noch versehentlich die auf den Detektor von unten einwirkende Strahlung abgeschwächt, und diese kann ebenfalls - infolge Rückstreuung aus dem Boden - zu erheblichen Anteilen aus einer zu messenden radioaktiven Wolke stammen. Man hielt mit diesem Verfahren also proportional auch einen Anteil aus der zu messenden Strahlung vom Detektor fern. Nix gutt!

4. Als hilfreich erwies sich dagegen die Erkenntnis, dass der Betriebs- bzw. Montageort des Messkopfes (= der Zählrohre) außerordentlich wichtig ist. Es ist in jedem Fall ein Ort zu wählen, an dem die Umgebungsstrahlung nicht durch radioaktive Strahler in der Nähe erhöht ist, und an dem die nachzuweisende Strahlung den Detektor ungeschwächt erreichen kann. Erstaunlicherweise sieht man diesen Kardinalfehler auf sehr vielen zeitgenössischen Fotos, mit denen Privatleute, Organisationen, und selbst Herstellerfirmen ihre Messtation bzw. ihr Produkt (z.B. aktuell im Internet) bekannt machen: Wer seinen Messkopf z.B. an einer Wand aus roten Ziegeln (oder unter einem Dach aus roten Ziegeln) betreibt, misst leicht die doppelte Grundzählrate, und erkennt aufgrund der dadurch entsprechend höheren statistischen Streuung kleine Erhöhungen entsprechend schlechter. Also: Den Messkopf immer nur so montieren, dass er nicht einem konstant künstlich erhöhten Strahlungspegel ausgesetzt ist! (Erläuterung zu o.g. Beispiel: Rote Ziegel enthalten Zerfallsprodukte aus der natürlichen Uran-Radium-Zerfallsreihe, und strahlen vergleichsweise kräftig.)

5. Einzelne Messköpfe (besonders der ARGUS e.V.) wurden ab 12.1987 durch solche mit einem Zählrohr ZP1210 (Hersteller: Philips/VALVO) ersetzt. Diese besitzen eine Zählrate von ca. 3600 Imp/h bei 100 nSv/h (dem typischen ungefähren γ-Anteil der natürlichen Umgebungsstrahlung in Deutschland), und damit unter sonst gleichen Bedingungen die ca. elf-fache Zählrate der bisher verwendeten ZP1320.

6. Ab 09.1989 wurden regelmäßig Messköpfe mit je 4 oder 5 (je nach Wunsch der bestellenden Gruppe) großvolumigen Zählrohren der Type ZP1220 (Hersteller: Philips/VALVO) eingesetzt. Hiermit war es (endlich!) erstmals möglich, die Messanlagen mit angemessen hoher Ansprechempfindlichkeit zu betreiben. Diese ist nun (bei Ausrüstung mit 5 ZP1220) ca. 100x größer als bei Verwendung eines ZP1320, so dass bei gleicher Darstellung z.B. einer kurzzeitigen Erhöhung der Zählrate (Peak) die Relative statistische Streuung  s/N  um den Faktor 10 kleiner ist als bisher.

Der Nachteil: für große, ansprechempfindliche Zählrohre, und dann gleich für fünf Stück, muss man auch "tief in die Tasche greifen". Im Leben gibt es nichts umsonst!

Bedauerlicherweise unterlief den Entwicklern bei dieser neuen Messkopfausführung, mit der nach kurzer Zeit sämtliche Messanlagen der Arbeitsgemeinschaft Umgebungsüberwachung ausgerüstet wurden, ein schwerer Fehler im Schaltungskonzept. Dieser führte dazu, dass die Zählrate der betr. Messköpfe stark temperaturabhängig war (exemplarabhängig; d.h. der Fehler trat nicht bei jedem Messkopf auf). Es schien so, als würde bei den betroffenen Messkopfexemplaren die Funktion umgeschaltet zwischen dem Betrieb von vier auf fünf Zählrohre, d.h. die Zählrate änderte sich immer wieder spontan von 80% auf 100% des Grundpegels und wieder zurück. Mehrere Gruppen der Arbeitsgemeinschaft wurden hierdurch bis an den Rand der Verzweiflung (und bis knapp vor die Selbstauflösung ihrer Gruppe!) gebracht, da oftmals alles in Ordnung schien, im Grunde aber auf die Messwerte kein Verlass mehr war. (Öffentlichkeitsarbeit mit Hilfe so notorisch unzuverlässiger Messwerte war ausgeschlossen.) Die einzelnen verbauten Zählrohre waren selber fehlerfrei; hierauf bestand nach Tests eingesandter Exemplare auch die Zählrohr-Herstellerfirma Philips/VALVO. Die entsprechende Fehlerursache wurde erst ab Ende 1994 gefunden und behoben, als (nach dem Ausscheiden des Gründervaters und seiner Crew) alle Messköpfe sukzessive wegen einer anderen notwendigen Überarbeitung einer sorgfältigen unabhängigen Inspektion unterzogen wurden.
Bei diesen ab 1995 renovierten Messköpfen sind keine systematischen Fehlfunktionen mehr aufgetreten.

Wer über diese oder ähnliche selbstverschuldete Fehler den Kopf schüttelt, dem sei natürlich beigepflichtet. Andererseits braucht man sich heutzutage nur ein bisschen im Internet zu entspannen, um in aktuellen Projekten auf den ersten Blick ganz ähnlich fatale Fehler zu finden, z.B. bei den Schaltungsdesignern des sog. PiGI-Projekts: einem Interface für Geiger-Müller-Zähler, das auf die bekannte RaspBerry-Pi-Kleinstrechner-Platine aufgesteckt werden kann (https://apollo.open-resource.org/mission:start). Diese Steckplatine wird heute von einigen nicht zur hier beschriebenen Arbeitsgemeinschaft Umgebungsüberwachung gehörenden Messgruppen zum Betrieb derer Geigerzähler verwendet, obwohl die Platine keine Stabilisierung oder gar Regelung der Hochspannung bietet. Der Betrag der Hochspannung ist also nicht konstant, sondern nur mehr oder weniger proportional der jeweiligen Versorgungsspannung. Die Hochspannungsversorgung ist zudem äußerst schwach dimensioniert, so dass der Anschluss eines handelsüblichen Digitalvoltmeters mit einem Innenwiderstand von 10 MΩ die Hochspannung fast bis auf Null Volt zusammenbrechen lässt. Die Einstellung der Hochspannung kann somit nicht ernsthaft, d.h. mit einem angeschlossenen Messgerät, auf einen vorher durchdachten, richtigen oder sinnvollen Sollwert eingestellt werden, wie es sich bei einem Messprojekt, bei dem auf die Zuverlässigkeit der Messköpfe ganz entschieden Wert gelegt werden sollte, doch wohl gehört!

Die Darsteller des PiGI-Projekts empfehlen auf ihrer Internet-Seite hingegen ausdrücklich, die Einstellung der Hochspannung "blind", d.h. nur nach wahrgenommenem Ansprechen des Zählrohrs (bei Bestrahlung) vorzunehmen. Nun besitzen Geiger-Müller-Zählrohre zwar einen relativ weiten Arbeitsbereich der Betriebsspannung (das sog. Geiger-Müller-Plateau), aber einem ernsthaften Elektroniker dreht sich bei dieser "Entwickler"empfehlung zur Einstellung des wichtigsten Betriebsparameters schon vor Grausen der Magen um!

Warum bitte schön muss es denn so ein untaugliches Schaltungskonzept sein?
Nur, weil man als Entwickler der Aufgabe nicht gewachsen ist, und nicht dazulernen möchte?
Oder stecken hinter diesem Vorgehen Absicht und Methode?

Es sei hier noch erwähnt, dass mit der Schaltung aus dem PiGI-Projekt der Betrag der Hochspannung selbstverständlich auch dann kleiner (und vielleicht auch zu klein?) wird, wenn das Zählrohr häufiger auslöst, denn jedes Zählrohr-Auslösen bedeutet einen Stromverbrauch! D.h. wenn aufgrund der Bestrahlungssituation tatsächlich eine hohe Zählrate gemessen werden könnte, wird sie es sicher nicht in korrekter Intensität, weil die Hochspannung dann tendenziell bis zur Löschspannung des Geiger-Müller-Zählrohrs zusammenbricht.

Ein kurzer Blick auf die Schaltzeichnung genügt, um dies alles zu erkennen. Man fragt sich, in was für einer Welt wir leben.


2. Sensoren für weitere Umweltgrößen

1. Schon die ersten in der Arbeitsgemeinschaft erhobenen Messdaten stellten die Anwender vor ein gravierendes Problem: es zeigten sich recht häufig - meist kurzzeitige - erhöhte Strahlungsintensitäten unbekannten Ursprungs. Nachträgliche manuelle Überprüfungen der zu diesen Zeiten vorherrschenden Windrichtungen anhand der Wetterberichte, z.B. aus Tageszeitungen, ergaben, dass von diesen Strahlungspeaks - wenn überhaupt - nur ein kleiner Teil von der überwachten Atomanlage verursacht sein konnte, denn in den allermeisten Fällen kam der Wind aus für diese Möglichkeit völlig ungeeigneten Richtungen. Nachdem also ca. 1987 die erste Generation von Messanlagen, die ausschließlich Strahlungsmessköpfe als Sensoren besaßen, bei allen interessierten Gruppen installiert war, wurde deutlich, dass mit den damit aufgenommenen Messdaten ohne weitere Informationen nicht allzu viel anzufangen war. Es dämmerte allen Beteiligten, dass Messdaten aus weiteren Sensoren zusätzlich mit aufgezeichnet werden mussten, um die Strahlungsmessdaten dann - hoffentlich - interpretieren zu können.

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: die Sensoren für weitere Umweltmessgrößen

2. Wie wir in der Arbeitsgruppe in Bremen schon einige Jahre vorher anhand der eigenen Messdaten bemerkt hatten, handelte es sich bei den Ursachen der o.g. Strahlungspeaks um Regenereignisse (siehe auch oben unter Ergänzung: Regensensor): niedergehender Regen wäscht Folgeprodukte des aus der Erde ausgegasten Radon-222 aus der Atmosphäre aus, und bringt diese Strahler in Detektornähe auf den Boden). Vordringlichste Aufgabe war also nun die zusätzliche Ausstattung jedes Messstandortes mit einem Regenmengenmesser (RMM), sowie die kontinuierliche Aufzeichnung der von ihnen gelieferten Daten. Da Regenereignisse räumlich sehr lokal (und dabei zeitlich unabhängig voneinander) auftreten können, musste jede einzelne Messanlage mit einem solchen Sensor ausgestattet werden.

Es wurden hierzu preiswerte Modelle eines Dänischen Herstellers ausgewählt, die nach dem Prinzip des Tropfenzählers arbeiten (Bezug von der Firma Conrad Electronic). Das Prinzip des Tropfenzählers ist sinnvoll, da auf diese Weise funktionierende Regenmengenmesser bereits bei kleinen Niederschlagsmengen ansprechen (die üblichen, robusteren, nach dem Prinzip der Kippwaage arbeitenden Geräte benötigen eine erhebliche Mindestniederschlagsmenge, bevor sie überhaupt ihren ersten Impuls von sich geben).

Die verwendeten RMM bestanden aus einem nahezu kugelförmigen, schwarzen Kunststoffkörper mit einem Trichter von 80 mm Durchmesser, der den aufgefangenen Regen durch eine Kapillare mit ca. 0,9 mm Durchmesser leitete und zu einem Tropfen formte, der nach dem Ablösen zwischen zwei Elektroden hindurchfiel, dabei diese für eine kurze Zeit beide berührte, und damit einen kurzzeitigen hochohmigen elektrischen Kontakt herstellte. Ein an die Messanlage angepasstes Elektronik-Interface stellte die Verbindung zum Messrechner dar.

Im Dauerbetrieb zeigte sich leider, dass mit dieser RMM-Bauform die folgenden, z.T. gravierenden Probleme auftraten:

Es war daher dringend erforderlich (und immer wieder Dauerthema auf allen AUA-Treffen), eine Alternative und eine Ergänzung zu den RMM dieser Bauform zu finden.

Als Lösung dieser Sensorprobleme wurde nach längeren Versuchsreihen schließlich das folgend charakterisierte Programm zur Nachbesserung oder Renovierung der vorhandenen Sensoren aufgelegt:

Trotz all dieser Maßnahmen blieben die Regenmengenmesser wartungsintensiv. Je nach Aufstellort muss spätestens nach einem oder zwei Monaten Betriebszeit eine Reinigung erfolgen. Hierbei müssen regelmäßig Blätter aus dem Trichter, Fichtennadeln und Pollen aus der Kanüle, und Insekten und Spinnennetze samt deren KonstrukteurInnen aus dem Tropfennachweissystem entfernt werden. Die Natur ist und bleibt eben die Natur.

3. Um die ordnungsgemäße Funktion der Regenmengenmesser im Routinebetrieb zu überwachen, wurden ab ca. 1995 zusätzliche Niederschlagssensoren angeschafft und installiert. Diese besitzen eine um ca. 45° gegen die Horizontale geneigte Oberfläche. Auffallende Regentropfen (aber auch schon einzelne Tautropfen, eine feuchte Schneeflocke usw.) stellen darauf eine schwach leitfähige Verbindung zwischen zwei Elektroden her, und melden sich damit der Elektronik, die ihrerseits eine kleine, darunter befindliche, elektrische Heizung einschaltet, um die Flüssigkeit zum Verdunsten zu bringen.
Diese Niederschlagssensoren (im internen Jargon: Regen-Ja/Nein-Detektoren, RJN) sprechen zuverlässig schon bei kleinsten Wassertröpfchen und bei Feuchte an. Da sie sich selber wieder trocken heizen, verhindern sie, dass ein einmalig aufgetroffener Tropfen ein Dauersignal erzeugt.
Im Gegensatz zu den Regenmengenmessern erwiesen sich diese Niederschlagssensoren als außerordentlich pflegeleicht. Auch in nun ca. 20 Jahren Dauerbetrieb von rund 20 Exemplaren wurde bisher keine Wartung erforderlich; ebenso ist noch kein einziger Ausfall aufgetreten.

4. In der nächsten Ausbaustufe wurde eine oder zwei Messstationen je betreibender Initiative zusätzlich mit Sensoren für Temperatur, sowie für Windrichtung und Windgeschwindigkeit ausgestattet. Die Windsensoren selber wurden (samt Messdatenerfassung) im Rahmen einer Diplomarbeit an der Fachhochschule München entwickelt (Weidlich-1988a). Es handelt sich um klassische mechanische Windaufnehmer mit Wetterfahne (Richtungserfassung in 16 Stufen, d.h. in Vielfachen von 22,5° durch Abtastung mit 4 optischen Reflexkopplern) und Schalenkreuz-Anemometer mit optischer Abtastung. Letzteres besitzt mit 240 mm einen größeren Durchmesser als viele vergleichbare Aufnehmer, und war auch sonst auf den Anlauf bei besonders kleinen Windgeschwindigkeiten (ab 0,2 m/s; sicher kleiner als 0,5 m/s) hin optimiert.

Die Messung von Windgrößen ist stets besonders aufwendig, da auch die besten Windaufnehmer nur dann halbwegs repräsentative Daten liefern können, wenn sie in einer Mindesthöhe von typisch 10 Metern über Grund, und in ebenem, unbebautem, baumfreien Gelände betrieben werden. Damit sind die wenigsten Standorte, an denen die Ionisierende Umgebungsstrahlung gemessen werden kann, gleichzeitig auch zur Messung der Windparameter geeignet. Man benötigt das entsprechende Gelände im dauerhaften Besitz einer Gastfamilie, die es erlaubt, darauf einen gut verankerten, nach Möglichkeit jedoch kippbaren Mast (für evtl. Wartungsarbeiten an den Sensoren) zu errichten. Solche Masten werden im Handel heute z.B. als Fahnenmasten angeboten. An dessen Spitze können dann an einer Traverse die beiden Windsensoren montiert werden.

Wenn die Windparameter auf diese Weise gemessen werden, sollte eine so ausgestattete Messanlage je Standort einer überwachten Atomanlage ausreichen, da die relevanten Windgrößen eher globale als lokale Parameter sind. Allerdings sind Vorkehrungen zu treffen, damit die Wetterdaten der mit der Windmessung ausgestatteten Messstation auch zur gemeinsamen Auswertung mit den Strahlungsmessdaten der einfach ausgestatteten Messstationen zur Verfügung stehen und mit diesen kombinierbar sind.

Auch die Windsensoren erwiesen sich ca. nach den Erfahrungen der ersten zehn Betriebsjahre als noch suboptimal. Dies betraf zum einen den Schutz gegen eindringendes Regenwasser, zum anderen die Reflektorscheiben mitsamt der optoelektronischen Abtastung, die ab dieser Zeit sukzessive durch ein zuverlässigeres Neudesign ersetzt wurden.

An allen zur Wetterstation ausgebauten Messstandorten wurde gleichzeitig die Messung der Außen-Lufttemperatur mit eingeführt. Dies ist zwar eine Standard-Funktion, von der man heute eigentlich denken sollte, dass sie an praktisch allen Messstationen mit zu erheben ist. Wenn man es genau nimmt, ist allerdings auch die Messung der Lufttemperatur nicht trivial, da diese (schon per Definition) von jeglicher Sonneneinstrahlung unbeeinflusst sein soll. Der Sensor muss also auf jeden Fall in einem gut belüfteten Sonnenstrahlungsschutz eingebaut sein, und selbst hiermit stellt die Montage an einer gelegentlich sonnenbestrahlten Hauswand (an der vorerwärmte Luft aufsteigt und den Sensor aufheizt!) immer noch einen Kardinalfehler dar! Der Deutsche Wetterdienst (DWD) z.B. misst die Lufttemperatur klassischerweise in einer weiß gestrichenen Wetterhütte (mit ihrer hervorragenden Ventilation!), die inmitten einer freien, stets gut gepflegten Rasenfläche in definierter Höhe aufgestellt ist.

Gleichzeitig mit der Einführung der Wind- und Temperaturmessungen an ausgewählten Standorten wurden zuerst für diese Messanlagen, später auch für die einfacher ausgestatteten, reinen Radioaktivitäts- und Regen-Messanlagen, neue Messdatensammler mit jeweils 8 Messkanälen eingeführt (Erstdesign ebenfalls nach Weidlich-1988a). Die Beschreibung findet sich im folgenden Abschnitt ("3. Messdatensammler").


3. Messdatensammler

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: der Messdatensammler

1. In den Anfangsjahren der Arbeitsgemeinschaft wurde die hier summarisch als Messdatensammler bezeichnete Stufe noch - damals zutreffend - als "Zähleinheit" oder "Zählerteil" bezeichnet. Es wurden hiermit damals lediglich Hilfsspannungen (incl. der Hochspannung für das Hauptzählrohr) erzeugt, die Impulse aus dem kleinen Hauptzählrohr (ein ZP1320) des Messkopfes je nach gleichzeitigem bzw. ungleichzeitigem Eintreffen aus dem ggf. verwendeten Flächenzähler bewertet (Koinzidenz- bzw. Antikoinzidenz-Schaltung), und an den Messrechner weitergeleitet. Sensoren für weitere Umweltgrößen gab es damals noch nicht.

Die eigentliche Aufsummierung bzw. Zählung der Impulse über die Dauer eines Messintervalls wurde verantwortlich von der Software des Messrechners vorgenommen, d.h. man gab die einzelnen, geformten und auf Länge getrimmten Impulse auf den Messrechner, und überließ diesem und dessen Software den Zählvorgang. Da man dessen Datenverarbeitung jedoch noch nicht ganz traute (bzw. den Zählerstand zusätzlich jederzeit ablesen können wollte), konnte die Gesamtzählrate (ohne und mit Antikoinzidenz) auch mit einem in Hardware ausgeführten, manuell zu startenden Zähler parallel dazu (und völlig unabhängig von Software) angezeigt werden. Dieser manuelle Zähler, obwohl eigentlich nebensächlich und nur als Kontrollinstrument für die Nutzer vor Ort gedacht, hat dem "Messdatensammler" in der damaligen Form seinen Namen gegeben.

2. Mit der Einführung der Messung weiterer Umweltgrößen außer der Umgebungsstrahlung (ab 1987), d.h. schon mit der Einführung der Messung der Niederschlagsmenge an allen Messstandorten, wurde das Funktions- und Aufbaukonzept verändert. Alle messkopf-spezifischen Funktionen, die in dem bisher mit "Zählerteil" bezeichneten Messdatensammler enthalten waren (also Hochspannungserzeugung und Antikoinzidenzschaltung), wurden in den (gleichzeitig neu konzipierten) Messkopf selbst verlagert. Der neu entwickelte Messdatensammler (im Jargon: die "Messbox") erfüllt ab jetzt tatsächlich genau die seiner Bezeichnung entsprechende Aufgabe. Er besitzt acht Eingangskanäle, die mit je einer sensor-spezifischen Steckkarte bestückt werden können. Die Elektronik auf diesen Steckplatinen passt die vom jeweiligen Sensor gelieferten Signale an und setzt diese durch Zählung in einem 16-Bit-Zähler oder direkte parallele Abfrage um in die digitalen Signale eines internen 16-Bit-DatenBus. Die Belegung der Eingangskanäle wird in den Gruppen einheitlich wie folgt gehandhabt:

Später kamen wahlweise noch die Funktionen des Niederschlagssensors (RJN) sowie die Messung des Luftdrucks (LDR) dazu (beide im Messkanal 7).
Die jeweiligen Steckplatinen mit ihren Anpassschaltungen und Messumsetzern sind natürlich nur insoweit erforderlich, als auch die entsprechenden Sensoren betrieben werden sollen.

Das Interface dieses Messdatensammlers zum Messrechner ist sehr einfach; es kann von jedem vorstellbaren digitalen Gerät angesteuert werden, bis herunter zum einfachsten heute aktuellen Kleinstprozessor:

  1. Der Messrechner gibt ein Signal "LATCH" an den Datensammler. Mit dessen positiver Flanke startet der Messdatensammler den folgenden internen Zyklus:
    • Stop der Zählvorgänge auf allen acht Kanälen
    • Übertragung der jeweiligen Zählerstände (bzw. im Fall des Windrichtungsgebers der parallel abzufragenden Signale) in Zwischenspeicher (Latches)
    • Reset aller gestoppten Zähler
    • Start der Zählvorgänge auf allen acht Kanälen
    Der beschriebene Signalzyklus läuft per Hardware in wenigen µs ab, so dass die Unterbrechungsdauer des Messvorgangs, z.B. bei Abfrage im Sekunden-Rhythmus unerheblich ist. Damit ist ein praktisch ununterbrochener, kontinuierlicher Messbetrieb in einem für alle Kanäle synchronen Messzeitraster gewährleistet.
  2. Der Messdatensammler besitzt einen 1-Bit-Datenausgang "DATA", auf dem er (nach dem o.a. LATCH-Zyklus) zuerst das niederwertigste Bit aus dem zwischengespeicherten Ergebnis des Messkanals 1 ausgibt. Der Messrechner kann diese Information einlesen und verarbeiten, ohne dass besondere Zeitbedingungen einzuhalten wären
  3. Der Messrechner gibt ein Signal "RCK" an den Messdatensammler, worauf dieser das nächstfolgende Bit aus dem zwischengespeicherten Ergebnis des Messkanals 1 auf seinen Ausgang "DATA" ausgibt. Der Messrechner kann es wiederum einlesen und verarbeiten, ohne dass besondere Zeitbedingungen einzuhalten wären
  4. Der letztgenannte Schritt wird so lange wiederholt, bis alle 8 mal 16 zwischengespeicherten Bits aller Messkanäle ausgelesen wurden.

Dieses Prinzip der inhaltlichen und zeitlichen Entkopplung von Signalkonditionierung, Messung und Datenauslesung mit separaten, eigenständigen Messdatensammlern hat sich in der Folgezeit außerordentlich bewährt. Der Hardware-Aufwand mag hoch erscheinen; es lässt jedoch dem Messrechner und der Gestaltung seiner Messsoftware weitgehende Freiheiten. Die einzige wirklich zeitkritische Anforderung für das Messprogramm besteht darin, mit dem Signal "LATCH" den korrekten Messzyklus vorzugeben. Dies ist jedoch eine Aufgabe, die immer und unter allen Umständen vom Messprogramm "verantwortlich" kontrolliert und deshalb selbst durchgeführt werden muss.

Von der Idee und vom Konzept her ist den Entwicklern mit diesem Messdatensammler also ein wirklich "großer Wurf" gelungen (Weidlich-1988a). Von der technischen Ausführung her wiesen allerdings auch viele der ausgelieferten Messdatensammler z.T. erhebliche Mängel auf. Diese konnten erst ab ca. 1994 durch umfangreiche Renovierungsarbeiten an jedem einzelnen Gerät behoben werden.


4. Messrechner

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: der Messrechner

1. Bei den in Garching entwickelten Messanlagen wurde zunächst (ab 1984) ein Rechner des Typs Commodore VC20 eingesetzt. Die Ansteuerung des Messdatensammlers erfolgte über den User-Port des VC20. Das Messprogramm war in der rechnereigenen Interpretersprache BASIC geschrieben. Die Datenausgabe erfolgte über einen passenden Drucker, normalerweise einmal täglich (um 12:00 mittags, um die Gastfamilie nicht aus dem Schlaf zu reißen) auf Papier, und parallel dazu auf eine damals handelsübliche Magnetband-Cassette (das Bandgerät war die Commodore-"Datasette").

Das reguläre Messzeitintervall betrug eine Stunde. Das Messprogramm kannte Warnschwellen, d.h. Pegel erhöhter Umgebungsstrahlung, bei denen das Messzeitintervall verkürzt wurde, und ein Ausdruck zu jeder vollen Stunde, oder sogar alle 10 Minuten vorgenommen wurde.

Das System wies allerdings eine ganze Reihe von Schwächen auf, die den Bedienern ein Höchstmaß an Idealismus, Geduld und Zähigkeit abverlangte. So konnte von einem automatischen Anlauf der Messanlage, z.B. nach einem Stromausfall, überhaupt keine Rede sein:
Nach dem Einschalten des Rechners musste zunächst von einer Magnetband-Cassette das Messprogramm manuell eingelesen werden. Der Inhalt dieser Cassette war genau auf die einzurichtende Messstation zugeschnitten, d.h. der Datensatz auf Band enthielt auch die standortspezifischen Daten. Nach erfolgreichem Einlesen gab der Drucker Fragen aus (einen Bildschirm für diese interaktive Einrichtung gab es nicht!), die sorgfältig und in genau richtiger Syntax (!) beantwortet werden mussten (z.B. die Fragen nach dem Datum und der Uhrzeit, denn eine Echtzeituhr gab es ebenfalls nicht). Der Drucker (aus einem Karton mit Endlos-Papier versorgt) musste danach genau auf einen Seitenanfang justiert werden, da die Datenausgabe für einen Tag genau auf eine Seite passen sollte. Die Magnetband-Cassette war dann gegen die zur Datenausgabe vorgesehene Cassette zu wechseln, auf die das Messprogramm sogleich einen Datenblock ausschreiben musste, der für eine spätere Auswertung erforderlich war. Danach (und also auch im laufenden Betrieb!) durfte die Cassette auf keinen Fall mehr vor- oder zurückgespult werden.

Man ahnt bereits, dass es sich um ein höchst instabiles, und keineswegs pflegeleichtes oder robustes Gesamtsystem handelte. Da jeder Rechnerabsturz die oben skizzierte manuelle Startprozedur erforderlich machte, war der Betrieb mit einer Notstromversorgung (s.u. unter 5. Hilfsgeräte) unumgänglich. Wenn der (notorisch unzuverlässige) Drucker (z.B. wegen Papierstau) ausfiel, blieb leider auch das Messprogramm stehen - dies war ein systemimmanenter Fehler ohne eine Möglichkeit der Behebung. Ein Betrieb ohne Drucker war nicht möglich: zum einen wegen der o.g. erforderlichen interaktiven Startprozedur, zum anderen war der tägliche Datenausdruck die einzige Kontrollmöglichkeit für die ebenfalls notorisch unzuverlässige Datenspeicherung auf Magnetband-Cassette (s.u. unter 6. Datenausgabe).
Die (einigermaßen erschwingliche) Rechnertechnik steckte damals halt noch in ihren Anfängen!

2. Einige Jahre später (belegt ab 1989) gehörte dann auch ein Bildschirmmonitor zur Messanlagen-Aussstattung. Auf diesem konnten allerdings nur die laufenden Messwerte (in einer groben Klötzchen-Balkengrafik) dargestellt werden; der wie geschildert bei Inbetriebnahme und auch im Dauerbetrieb erforderliche Drucker wurde leider nicht überflüssig.
Mit Einführung des neuen Messdatensammlers (s.o. unter 3. Messdatensammler) wurde der Messzyklus auf 5 Minuten verkürzt; die 5-Minuten-Werte wurden auf Magnetband aufgezeichnet, jedoch nicht auf dem Drucker ausgegeben. (Für den mittäglichen Ausdruck wären sonst jeweils fünf Druckseiten benötigt worden.)

Da die Herstellerfirma Commodore die Produktion ihrer VC20 bereits 1985 wieder eingestellt hatte, waren diese Rechner mit der Zeit immer schwerer erhältlich. Ab den Jahren 1989/1990/1991 wurden daher Messstationen mit dem Nachfolgemodell Commodore C64 ausgerüstet. Dieser Rechner konnte dann auch zusätzlich mit einer Echtzeituhr (nicht etwa einer Funkuhr!) ausgestattet werden. Zum Betrieb des C64 waren allerdings Umbauten in der Stromversorgung erforderlich, ebenso wie die Erstellung einer anderen Generation von Notstromversorgungen (s.u. unter 5. Hilfsgeräte). Drucker und Datasette waren weiterhin integraler Bestandteil der Anlage; deren Betriebszuverlässigkeit blieb damit insgesamt klein.

3. Der Wunsch nach einer problemlos selbstanlaufenden und wartungsarmen Anlage ist nach dem oben gesagten wohl sehr verständlich. Ab ca. 1990/1991 kam daher in der Arbeitsgemeinschaft auch die Idee und der Wunsch auf, Messanlagen auf Grundlage eines IBM-kompatiblen PCs zu betreiben, mit welchem Hochlauf (Bootvorgang) und Start des Messprogramms bei entsprechender Einrichtung automatisch und ohne Nutzereingriff möglich sind. Mit den zusätzlichen, im PC vorhandenen Speichermedien sollte dann auch unbedingt auf den verhassten Drucker verzichtet werden. Ein erstes, ca. ab 1991 in Garching entwickeltes PC-Messprogramm schien den potentiellen Nutzern allerdings noch als zu interaktiv (und auch als zu teuer), und wurde von der Arbeitsgemeinschaft nicht angenommen. Im Oktober 1993 - also nach dem Ausscheiden ihres Gründervaters - vergaben die Vertreter der in ihr mitarbeitenden Gruppen daher einen Werkauftrag an einen ihrer Mitglieder, der erklärte, die Erstellung eines PC-Messprogramms sei ihm in (geschätzt) ca. 3 Monaten möglich. Nachdem sich daraufhin schließlich Ende 1996 (!) abzeichnete, dass die Ablieferung des beauftragten Werkes in einer akzeptablen Form, und damit die ordnungsgemäße, konstruktive Beendigung seines Projekts immer unwahrscheinlicher wurde, wurde von einem anderen Mitglied auf dem Treffen im April 1997 ein unabhängig in dessen Eigeninitiative entwickeltes, alternatives, und tatsächlich funktionierendes PC-Messprogramm vorgestellt. Nach intensiven Tests während des folgenden halben Jahres stand fest, das dieses Messprogramm den Wünschen der Gruppen in der Arbeitsgemeinschaft im wesentlichen entsprach. Auf dem Treffen der Arbeitsgemeinschaft im November 1997 wurde dieses PC-Messprogramm durch die Gruppen dann mit geringfügigen Änderungen als zukünftiger Standard angenommen und seitdem routinemäßig auf ihren Messanlagen installiert und benutzt. Seither ist dieses Programm in einer Reihe von Schritten in seinen Funktionen erweitert worden (zuletzt um die Möglichkeit der Datenkommunikation über das Internet) und ist in dieser aktualisierten Version immer noch in Gebrauch.


5. Hilfsgeräte

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: die Hilfsgeräte

Unter dieser plakativen Überschrift sind für den betrachteten Zeitraum zu nennen:

Die Notstromversorgungen sorgten für den unterbrechungsfreien Weiterbetrieb der essentiellen Komponenten (Messkopf, Datensammler, Rechner, Datasette) im Falle einer Netzstörung. Dies war bei dem beschriebenen technischen Stand insofern besonders wichtig, als ohne Notstromversorgung bereits die kleinste oder kürzeste Netzstörung zum dauerhaften Anlagenstillstand führte. Einen automatischen Wiederanlauf bei Netzwiederkehr gab es eben leider nicht (vgl. die Skizzierung der Inbetriebnahmeprozedur oben unter "4. Messrechner").

Drucker und Bildschirm wurden bei Stromausfall nicht weiterbetrieben. (Dies bedeutete leider auch, dass ein Stromausfall während des mittäglichen Druckens die Messanlage auch weiterhin zum Stillstand brachte.) Für die wichtigsten Geräte war der Weiterbetrieb für vier bis fünf Stunden gesichert, sofern die im Gerät eingebaute Standardbatterie benutzt wurde; es war jedoch auch die Verwendung einer größeren Autobatterie möglich, die den Weiterbetrieb über mehrere Tage ermöglichte.

Eine derart erhöhte Batteriekapazität war dann zugleich eine Vorsorge für den Fall eines befürchteten größeren Atomkraftwerksunfalls in der näheren Umgebung:
Bei einem solchen veritablen Kraftwerksunfall sahen es die Betriebsregeln vor, das Kraftwerk komplett vom Verbundnetz zu trennen. Aber auch, wenn das Kraftwerk am Netz bleiben würde, jedoch ab sofort einfach keinen Strom mehr einspeiste, wäre der Effekt der gleiche gewesen: im Verbundnetz fehlt von jetzt auf gleich die komplette Kraftwerksnettoleistung von z.B. 1300 MW. Bei so großen plötzlichen Leistungsausfällen im Netz ist es bereits durchaus möglich (wenngleich nicht sicher), dass es zu einem örtlichen Netzzusammenbruch kommt. Dies wäre natürlich genau der Moment, der für die Umgebungsüberwachung besonders interessant ist - schließlich möchte man genau von diesem Zeitraum gerne Gewissheit über möglicherweise erhöhte Radioaktivitätsabgaben haben!


6. Datenausgabe

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: die Datenausgabe

Die Datenausgabe an den Messstationen erfolgte, wie bereits oben beschrieben,

Auf Band aufgezeichnet wurden (die genannten Übergangstermine variieren mehr oder weniger stark von Messgruppe zu Messgruppe):

Beide Formen der Datenaufzeichnung - sowohl die auf Datasette als auch die auf Papier - waren notorisch unzuverlässig; das Einlesen der Messdaten von den Magnetband-Kassetten war regelmäßig ebenso fehlerbehaftet und frustrierend, wie bei dem in Bremen betriebenen Messanlagen-Prototyp (vgl. Projekte - Umgebungsüberwachung - Entwicklung in Bremen - Testbetrieb). Auch die Einführung angeblich besserer, modernerer Kassetten-Aufzeichnungsverfahren ("SuperTape", "FastTape", ...) änderte hieran exakt garnichts.
Die mit der damaligen Messdatenauswertung Befassten konnten regelmäßig erst dann halbwegs aufatmen, wenn sie die Messdaten erfolgreich in den Auswerterechner (ein Commodore C64) und von dort auf die zu diesem gehörige 5,25"-Diskette überspielt hatten.

Mit der Einführung von PCs als Messrechner wurden die Messstationsdrucker abgeschafft.

Die historische Entwicklung der Datenspeicherung und der Datenausgabe kann summarisch wie folgt charakterisiert werden:


7. Messdaten-Auswertung

Grundstruktur einer Messanlage zur Umgebungsüberwachung auf Radioaktivität. Hervorgehoben: die Messdaten-Auswertung

Die Messdatenauswertung erfolgte lange, lange Jahre - man kann es sich heute kaum noch vorstellen - mangels erschwinglicher, hochauflösender Bildschirme ausschließlich papiergestützt. Die mit Abstand wichtigste Darstellungsform war dabei die der Messwerte in einer grafischen Zeitreihe.

Hierzu wurden die Daten jeder einzelnen einzubeziehenden Messstation für den zu betrachtenden Zeitraum, meist den eines Kalendermonats ...

Das gesamte Verfahren war gut praktikabel, jedoch auch sehr zeitaufwendig.

Das nachfolgende Bild zeigt einen kurzen Ausschnitt aus einem solchen (verdichteten) Zeitreihen-Ausdruck (ein Tag entspricht hier zwei Druckzeilen gleich 16 90-Minuten-Mittelwerten in der Balkendarstellung). Der gezeigte Anstieg der Umgebungsstrahlung über die Dauer von ca. 5 Tagen wurde höchstwahrscheinlich von einer winterlichen Inversionswetterlage verursacht. Bei einer solchen Wetterlage ist der Luftaustausch mit höheren Schichten durch eine aufliegende wärmere Luftmasse unterbunden. Hierdurch kann sich das aus dem Erdboden ausgasende Radon-222 weniger weiträumig verteilen, und die Konzentration der Zerfallsprodukte am Boden (in Detektornähe) nimmt zu. Mit dem Aufkommen von nennenswertem Wind am 17.12. ist die Inversionswetterlage dann vorbei.

Beispiel einer ausgedruckten Zeitreihendarstellung über 13 Tage ab dem 09.12.1991 an der Messstation Torney der ARGUS e.V.

Das nachfolgende Bild zeigt einen Ausschnitt von knapp drei Tagen aus einem (unverdichteten) Zeitreihen-Ausdruck (ein Tag entspricht 24 Druckzeilen). Die deutlich erkennbaren, kurzzeitigen Anstiege der Umgebungsstrahlung treten zu Zeitpunkten auf, an denen der Wind an der Messstelle Torney der ARGUS e.V. aus der Richtung des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich kam (siehe die Punkte vor den Windrichtungsangaben bei "passenden" Windrichtungen). Es gab zu den Zeiten der erhöhten Strahlung keinen Regen; es handelt sich daher (und auch wegen der für Regen untypischen Form der Erhöhungen) nicht um Strahlungserhöhungen durch Niederschlag. Zudem beweist das Ansprechen des Regenmengenmessers am 20.03.1990 gegen 15:00 seine ordnungsgemäße Funktion.
Die naheliegendste und plausibelste Deutung ist in diesem Fall, dass die gemessenen Strahlungserhöhungen durch radioaktiv befrachtete Luftmassen aus dem Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich herrühren.

Beispiel einer ausgedruckten Zeitreihendarstellung über 13 Tage ab dem 09.12.1991 an der Messstation Torney der ARGUS e.V.

Weitere, nicht so häufig benutzte Möglichkeiten der Datenauswertung mit den damaligen Programmen waren


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