Ionisationskammern
Ionisationskammern zählen zu den ältesten Messgeräten für Ionisierende Strahlung überhaupt. Schon Pierre Curie, der Ehemann von Marie Curie, verwendete um 1896 einen Aufbau zum Nachweis der Ionisationswirkung der Substanzen, die Marie bei der Durchführung ihres chemischen Trennungsgangs aus ca. 2.000 kg Pechblende (ein Abraumgestein aus der Uranförderung) extrahierte. Ionisationskammern zählen unter heutigen Kernstrahlungsmess-Profis als leicht antiquiert und werden meist wenig geschätzt, weil sie aufgrund ihrer kleinen empfindlichen Massen und Wechselwirkungswahrscheinlichkeiten für den Nachweis der locker ionisierenden β- und γ-Strahlungen ungeeignet sind. Der sinnvolle Einsatz von Ionisationskammern ist dagegen der Nachweis der dicht (in räumlich dichter Abfolge) ionisierenden α-Strahler, deren genaue Aktivitätsbestimmung aber aufgrund ihrer kurzen Reichweite stets schwierig ist, und deren Vorhandensein - zumindest in Form von Kontaminationen (oberflächigen Verschmutzungen) - mit der Möglichkeit der Inkorporation der strahlenden Nuklide assoziiert wird, die wegen ihrer Strahlentoxizität zu Recht besonders gefürchtet ist.
Im allgemeinen wird der Umgang mit α-strahlenden Substanzen daher nach Möglichkeit vermieden; so gibt es etwa in der Medizin nur sehr wenige Anwendungen dieser problematischen Strahler. Entsprechend sind geeignete Strahlennachweis- und Messgeräte weniger verbreitet, und falls diese eher seltenen Geräte im Einsatz tatsächlich eine unerwartete Reaktion auf vorhandene α-strahlende Nuklide zeigen, ist in der Regel sofort "Schluss mit lustig". Inkorporierte α-Strahler gelten (nach StrlSchG (Strahlenschutzgesetz) und StrlSchV (Strahlenschutzverordnung)) zu Recht als zwanzigmal gefährlicher als inkorporierte β- oder γ-Strahler.
Ionisationskammern sind also wenig verbreitet, obwohl oder gerade weil es sie schon so lange gibt, und obwohl oder gerade weil von ihnen eine Art archaischer Anmutung ausgeht.
Um so interessierter war ich daher, als ich im Internet einige einfache Bauanleitungen für Ionisationskammern fand, bei denen ich durchaus im Zweifel war, ob so etwas Simples, Primitives, wohl funktionieren könnte. Da ich gerade keine Zeit übrig hatte, mich mit einem fragwürdig erscheinenden Thema zu befassen, blieb es trotz meiner latenten Faszination erst einmal liegen. (Es gibt im Internet aber auch wirklich viel hinfabulierten Mist!)
Etwa ein Jahr darauf war ich dann schwerst überrascht, in den Labor- und Unterrichtsräumen eines befreundeten Kollegen nach derartigen Anleitungen von ihm selbst, sowie von von ihm unterrichteten Lehrern gebaute Exemplare zu sehen, von denen ich eines auch versuchsweise in Betrieb nehmen durfte. Es funktionierte wie beschrieben, und ich war zutiefst schockiert!
Die Funktion dieser Konstruktionen und ebenso deren Grenzen musste ich mir unbedingt selbst genau erarbeiten (!), und schon steckte ich wieder mitten drin in einer kleinen kreativen Forschungstätigkeit. Mir wurde rasch klar, dass - wenn es denn eine ernsthafte Anwendung für diese praktische Art von Blechdosen-Messtechnik gibt - es sich hierbei um den Nachweis von Kontaminationen handeln müsse. Daher habe ich den Bau meiner eigenen Prototypen, sowie meinen aktuellen Wissensstand über derartige Ionisationskammern mit eben diesem Begriff verbunden: LKD = Luftoffener Kontaminations Detektor:
Goedecke-2024-08-LKD-LuftoffenerKontaminationsDetektor.pdf
Das Papier enthält auch meine Hinweise auf die von mir verwendete Literatur.
Und weil ich mir etliche mit diesem Thema irgendwie zusammenhängende Hintergründe, die zwar nicht den Detektor selbst betreffen (aber für mich wichtig waren, und auch für interessierte Leser nützlich sein könnten), ganz konkret klarmachen musste bzw. zusammenstellen wollte, habe ich dieses kleine Bündel von Überlegungen in einer getrennten Datei zusammengefasst:
IOK-Betrachtungen. Unsortierte Sammlung von Gedanken im Zusammenhang mit dem Bau von Ionisationskammern.
Goedecke-2024-08-IOK-Betrachtungen.pdf